1. Ausgangslage
Per 1. Januar 2021 traten die neuen Bestimmungen zum Vaterschaftsurlaub (VU, Art. 329b Abs. 2 und 3, Art. 329g, Art. 335c Abs. 3 OR) und zur Vaterschaftsentschädigung (VE, Art. 16i – 16m, 17 – 20a EOG; Art. 23, 26, 28 – 35 EOV) in Kraft. Der Vater hat Anspruch auf zwei Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaub.
Bisher gewährte die Vereinbarung über die Anstellungsbedingungen (VAB) drei bezahlte Tage bei Geburt oder Adoption eines Kindes (Artikel 11 Abs. 3 lit. c VAB). Es fragt sich, ob dieser vertragliche Anspruch zusätzlich zum neuen gesetzlichen geltend gemacht werden kann, wie es die Gewerkschaften fordern, oder nicht.
Unseres Erachtens muss der Arbeitgeber den bezahlten VU weiterhin mindestens im gleichen Umfang gewähren wie bisher. Fällt dieser geringer aus als die neue gesetzliche Regelung mit 14 Taggeldern zu 80 %, ersetzt die gesetzliche Regelung die vertragliche. Diese Ansicht wird durch ein Rechtsgutachten gestützt.
2. Handlungsbedarf und Formulierungsvorschlag
Müssen nun vorbestehende Regelungen eines bezahlten VU angepasst und neu vereinbart werden? Unseres Erachtens ist das nur dann der Fall, wenn die vorbestehende Regelung grosszügiger ist als die neue gesetzliche Regelung und nun auf den gesetzlichen Umfang reduziert werden soll. Ist dies nicht der Fall, so genügt eine einseitige Mitteilung des Arbeitgebers an die Arbeitnehmenden, dass per 1. Januar 2021 folgende Regelung gilt und die bisherige Regelung ersetzt:
«Der Arbeitnehmende hat innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt Anspruch auf zwei Wochen bezahlten Vaterschaftsurlaub zu 80% seines Lohnes gemäss Erwerbsersatzgesetz, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.»
Anlässlich der nächsten Revision kann diese Formulierung in die VAB übernommen werden. Dabei ist zu überlegen, ob bei einer Adoption das Gleiche gelten soll oder weiterhin nur drei Tage gewährt werden, denn die Adoption erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen weder für den VU noch für die VE und müsste ausdrücklich thematisiert werden.
3. Unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen für VU (OR) und VE (EOG/EOV)
Es kann sein, dass ein Vater Anspruch auf den VU hat, aber keinen Anspruch auf die VE, weil deren weitergehende Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Diesfalls hätte der Vater Anspruch auf zwei Wochen VU, davon nach bisheriger Regelung drei vom Arbeitgeber bezahlte Tage. Das Umgekehrte ist nicht möglich.